Jeden Cent wert – Besser nicht am falschen Ende sparen
Ich würde mich selbst als semi-professionellen Fotografen bezeichnen und habe lange überlegt, ob ich nach dem Umstieg auf Vollformat auch einmal etwas mehr Geld in einen lichtstärkeren Zoom investieren soll, nachdem ich bereits ein Canon EF 24-70mm f4 L IS USM besitze, mit dem ich jedoch des Öfteren gerade bei schlechteren Lichtverhältnissen an meine Grenzen stoße. Nun darf ich es als Familienvater, der etwas länger als gewöhnlich auf sein teures Hobby sparen muss, endlich mein Eigen nennen und ich bereue wirklich keinen Cent. Grundsätzlich habe ich vor der letztendlichen Anschaffung auch vor der Frage gestanden, welche der 4 verfügbaren Objektiv-Varianten es denn nun sein muss (EF 70-200mm mit IS oder. ohne IS in der lichtstärkeren Ausprägung f/2.8 oder einer maximalen Blende von f/4), zumal aus dieser Frage ja eine nicht ganz unerhebliche Preisdifferenz von nahezu 1.500 € resultiert. Aus diesem Grund werde ich im Rahmen meiner Bewertung auch an der ein oder anderen Stelle nicht nehmen lassen, den ein oder anderen Vergleich zwischen den unterschiedlichen Varianten zu ziehen.Nachdem ich von Freunden gefragt wurde, ob ich auf deren Hochzeit als alleiniger Fotograf Fotos schießen würde, nutzte ich erstmals die Gelegenheit, um mit dem Canon EF 70-200mm 1:2.8L IS II USM zu arbeiten. Aufgrund der doch recht hohen Anschaffungskosten entschied ich mich vorerst dafür, mir ein entsprechendes Exemplar für das besagte Wochenende zu leihen um erste Erfahrungen zu sammeln. Um auf Nummer sicher zu gehen sollte es dann auch schon das stärkste der 4 Varianten sein, also entschied ich mich für die maximale Blende von f/2.8 und dem Bildstabilisator (IS), da gerade auf Hochzeiten die Ansprüche an das Bild sehr hoch sind und man es nicht riskieren sollte, einmalige Momentaufnahmen (z. B. Ringtausch) durch einen Verwackler, hervorgerufen durch ein nervöses Händchen oder zwingend zu hoher Belichtungszeit infolge eines zu lichtschwachen Optik, zu ausschließlich nicht-brauchbarem Abfall auf der Speicherkarte zu machen (das würden einem wohl wirklich nur die besten Freunde verzeihen). Der Tag endete mit 14 Stunden fotografieren und einer Ausbeute von rund 1.000 brauchbaren Bildern, wo von noch einmal die Hälfte der Aufnahmen in die Postproduktion flossen. Wiederum rund 80% dieser Bilder schoss ich am Ende mit meiner 6D und dem Canon EF 70-200mm 1:2.8L IS II, die restlichen 20% entstanden durch eine lichtstarke Festbrennweite von Sigma am selben Body. Am PC zeigten sich deutlich die wesentlichen Stärken des Telezooms in der am besten ausgestatteten Variante:Stärken+ Die Verarbeitung, die den Eindruck macht als würde das Objektiv für die Ewigkeit gebaut sein. Wie für die L-Serie üblich, staub- und spritzwassergeschützt. Die Haptik ist einwandfrei, die Fokusringe laufen sehr geschmeidig und der AF arbeitet schön leise+ Der große Brennweitenbereich, der die enorme Flexibilität bringt aus unterschiedlichen Perspektiven zu fotografieren, was zeitgleich auch Aufnahmen aus "sicherer Entfernung" ermöglicht, um Momentaufnahmen und natürliches Verhalten nicht durch die Kamera zu beeinflussen/ zu stören (viele Menschen werden deutlich lieber unbemerkt fotografiert und finden an den Bildern im Nachhinein auch größeren Gefallen als wenn man aktiv auf Sie zugeht und sie frontal ablichtet, im schlimmsten Fall noch mit großem externen, direktem Blitz. Dadurch kommen deutlich natürlichere Aufnahmen zu Stande, denn viele Menschen verbinden doch grundsätzlich Stress damit fotografiert zu werden)+ Die hohe Lichtstärke mit einer Blende von f/2.8, die selbst in den Abendstunden bei wirklich schwierigen Lichtbedingungen hervorragend scharfe Bilder ermöglicht, was natürlich auch dem Bildstabilisator geschuldet ist der durchaus längere Verschlusszeiten zulässt. Hier habe ich entsprechend nur bei enorm schwierigen Lichtbedingungen auf eine noch lichtstärkere Festbrennweite (f/1.4) zurückgreifen müssen, wobei ich mit der Kombi aus 6D und dem Canon EF 70-200mm 1:2.8L IS II selbst bei ISO 12.000 noch brauchbare Ergebnisse erzielen konnte.+ Der wirklich treffsichere und rasant schnelle Autofokus+ Bokeh/Freistellen: Die Schärfentiefe, die wirklich phänomenal ist und vergleichbare Ergebnisse wie zum Teil hochpreisige Festbrennweiten erzieltSchwächen Wenn überhaupt, dann kann ich lediglich Nachteile im Vergleich zu den „kleineren“ Geschwistern erkennen.- Nach 14 Stunden fotografieren hatte ich wirklich einen schweren Arm bzw. ein schweres Handgelenk. Das Canon EF 70-200mm 1:2.8L IS II wiegt mit 1.490g im Vergleich zur IS-Variante mit Blende f/4 beinahe doppelt so viel. Das 70-200mm non IS bringt hingegen ebenfalls als 2.8-Variante stolze 1300g auf die Waage, als 4.0 Variante hingegen schlanke 760g.Wenn man den direkten Vergleich zu den unterschiedlichen Modellvarianten vornimmt, dann sollte man fairerweise aber auch die entsprechenden Vorteile im direkten Vergleich erwähnen:+ Lediglich das Canon EF 70-200mm 1:2.8L IS II kommt von Werk aus mit der passenden Stativschelle+ Höhere Flexibilität bei Verwendung eines optionalen Extenders. Bei Verwendung eines EF 2x III lässt sich mit einem 2.8er dann mit maximaler Blende f/5.6 sehr gut arbeiten, während bei der 4.0-Version dann schon auf den Autofokus verzichtet werden muss.FazitGrundsätzlich entscheidet beim Kauf eines Objektivs der geplante Einsatzbereich. Alle verfügbaren Varianten des Canon 70-200mm eignen sich meiner Meinung nach grundsätzlich für die Bereiche Portrait-, Sport- und Tierfotografie (natürlich je nach Ermessen über den Bedarf eines Bildstabilisators), die etwas leichteren Modelle (beide f/4.-Varianten) könnten im weitesten Sinne noch durch ihr geringeres Gewicht als Reiseobjektiv, die lichtstärkeren und damit schweren f/2.-Varianten für die Nachtfotografie genutzt werden.Wer oft unter nicht ganz optimalen Lichtverhältnissen fotografiert und grundsätzlich auch eher ungern auf einen Blitz (intern als auch extern) zurückgreift (richtig bzw. entfesselt Blitzen ist eine Kunst für sich und simples frontales Anblitzen wird der Technik meiner Meinung nach einfach nicht gerecht), für den ist grundsätzlich eine der 2.8-er Version klar zu empfehlen. Hier sollte allerdings das Gewicht beachtet werden, bei längeren Shootings, Ausflügen etc. kann über die Anschaffung einer Zusatzausrüstung (Gurte etc.) nachgedacht werden. Wer sich zudem noch auf einen wirklich einwandfrei funktionierenden Bildstabilisator verlassen möchte, der sollte die zusätzliche Euros in die Rundumsorglosversion, das Canon EF 70-200mm 1:2.8L IS II, investieren. Ich habe zwar nicht jede Variante persönlich getestet, in einigen Testberichten jedoch gelesen, dass die Bildqualität unter einfachen Bedingungen bei allen 4 Varianten vergleichbar sein soll. Für mich ist das Canon EF 70-200mm 1:2,8L IS II USM in Summe dennoch konkurrenzlos, da ich an dem für meine Freunde sehr wichtigen Tag der Hochzeit besonders in den Abendstunden keine Abstriche machen musste, mit keinem der anderen drei Varianten vergleichbare Resultate erzielt hätte und auch zukünftig mit Sicherheit eine Menge Situationen vorfinden werden, in denen ich glücklich bin, auf eine Blende von f/2.8 zu und einen IS zurückgreifen zu können.